Etwas verunsichert stehe ich auf dem Bahnsteig des Hauptbahnhofs und warte auf meinen Zug nach Bad Frankenhausen. In meinem Einberufungsbescheid steht, dass ich mich in der dortigen Kaserne einzufinden habe. 4./381- Panzergrenadierbataillon. Hörte sich spannend an, aber eigentlich hatte ich bei der Musterung ja angegeben, dass ich was mit Computern machen wollte, notfalls Fahrer. Aber erstmal abwarten. Also laufe ich den Bahnsteig entlang und mustere die Wartenden – könnte das ein Leidensgenosse sein? *flatsch!* Was war das? Hatte mir doch glatt eine Taube auf die Schulter geschi… – das fing ja gut an.

In „Bad F.“ (so nennt man das dort militärisch knapp) werden zunächst die Personalien festgestellt und nach dem Mittag werden wir ausgerüstet und – Überraschung – auf LKWs verfrachtet, die uns – zweite Überraschung – zu unserem neuen Stützpunkt bringen. Hat man uns doch glatt unterschlagen, dass wir nicht in Bad F. bleiben, weil unser Kompaniegebäude renoviert wird. Stattdessen finden wir uns nach 15 Minuten Fahrt durch den Wald (nur Wald!) in Dietersdorf wieder.

Eingangstor ehemaliger Stützpunkt
Eingangstor ehemaliger Stützpunkt (2011)
Plattenbauten der Kaserne
Plattenbauten der Kaserne. Links: Kompanieunterkunft, rechts Offiziere

Der Truppenstützpunkt Dietersdorf ist im Grunde nur ein Neubaublock mit Zaun drumrum, umgeben von Wald, sieben Kilometer bis zum nächsten Dorf. Super, da war die Stimmung schon wieder auf dem Tiefpunkt. Bei der Zimmerzuteilung werden wir nach Raucher/Nichtraucher befragt, dann bekommt jeder die Bettwäsche und sucht seine „Stube“. Vor mir der Kollege gab an, Raucher zu sein, aber wollte auf eine Nichtraucherstube, weil er frische Luft bräuchte. Komische Leute gibts.

Ein paar Minuten später finde ich mich in einer Zehnmannstube wieder: 2 Dreistockbetten (!), 2 Doppelstockbetten. Der rauchende Nichtraucher ist auch dabei. Ich bekomme einen Schlafplatz ganz oben im Dreierbett. Die unzähligen Male, die ich mich früh beim Aufwachen an der Decke gestoßen habe, habe ich nicht gezählt. Damals war mir auch noch nicht klar, dass man jeden Morgen sein Bett penibel genau machen muss. Aber man lernt nie aus.

In den folgenden Tagen und Wochen lernten wir dann, wie man seine Ausrüstung im Schrank verstaut, wie man zu maschieren/anzutreten hat, wie man eine Waffe behandelt und seine Vorgesetzten grüßt und all das andere wichtige Zeugs. Politischer Unterricht und Geschichte der Bundeswehr inbegriffen.

Vom Personal hinterließen die Offiziere und Zugführer noch den besten Eindruck. Unbeliebt machten sich vor allem die Unteroffiziere, die uns drillen sollten. Allen voran ein Stabsunteroffizier… nennen wir ihn mal „StUffz D„. Dieser Zeitgenosse stand ständig unter Starkstrom und verstand aber überhaupt keinen Spaß. Andere Vorgesetzte hat man wenigstens nach Dienstschluss mal lachen sehen, anders StUffz D. Bei ihm war uns schon von Anfang an klar, dass er uns das Leben noch schwer machen würde.

Ganz besonders hatte er all jene auf dem Kieker, die auch nur ansatzweise Unmut gegen seine meist sinnlosen Schikanen zeigten. Dumm für mich, dass ich bei offensichtlicher Idiotie nicht stillhalten kann.

Anekdote:

Wir hatten gerade die Dienstgrade auswendig zu lernen, als D. unsere Stube betrat. Kurz vorher hatte ich mal wieder seinen Unmut erregt, weshalb weiß ich nicht mehr. Jedenfalls stehen wir alle vor unseren Spinden in „Achtung“, D. steuert zielstrebig in meine Richtung und geht dann aber im letzten Moment auf meinen Nachbarn zu. Dieser muss bei der Schulterklappe, die ihm D. hinhält, passen. 10 Leute im Zimmer, aber wer darf als nächstes? Ich fange leicht zu grinsen an, als er sich mir zuwendet.

D.: Warum freuen Sie sich denn so?

Ich: Weil ich mir schon gedacht habe, dass sie jetzt zu mir kommen.

D.: Wieso denn das?

Ich: Na weil… ich neben ihm stehe (und deute auf den zuvor befragten Kameraden). *puhhh*

D. (sichtlich enttäuscht): Aha.

Den Dienstgrad wusste ich zwar auch nicht, aber den wusste an dem Abend wohl noch keiner bei uns im Zug. Wenigstens bin ich glimpflich aus der Sache rausgekommen – im Gegensatz zu meinem späteren Zimmerkumpel Jens, der in der Nachbarstube von D. angeschrien wurde, nachdem er total verschüchtert ein „Sir“ an seine Anwort gesetzt hatte.

Monate später habe ich von Kameraden erfahren, dass StUffz D. von den Rekruten nach uns alle vier Reifen zerstochen wurden…

15 thoughts on “Grundausbildung: StUffz D.”

  1. Das ist ja echt cool – habe gerade durch Zufall deinen Bericht über deine BW-Zeit in Bad F gefunden. Ich war von 11/96 bis 8/97 auch in der 4./381, III. Zug. Und dort hatten wir auch den „StUffz D.“ in unserer Reihe. Ja das war ein ganz toller, und auch ich konnte nicht mit seiner Art umgehen, weshalb ich des öfteren Wache machen durfte. Zerstochen wurden seine Reifen übrigens nicht, nur die Ventile verschwanden auf wundersame Weise…;-)

    Warst Du auch mit in Shilo?

    1. Ich war „leider“ nur für die Zeit der Grundausbildung in „D-Dorf“, kurz nach uns haben sie wohl den Standort endgültig dicht gemacht. Kanada durfte ich leider nicht miterleben, aber Weißenfels ist auch ganz schön… 😉

  2. Ich war in der Zeit von Okt.85 bis März 2003 in der Kaserne habe also Dietersdorf erlebt.Bis Okt.96 war ich in der 4./381 danach zwei Jahre in der 1./ als Betriebsfeldwebel AGSM und von Jan. 99 bis 2003 in der 2./.Bin aber 97 mit nach Kanada geflogen, als Gruppenführer in der 4./ HFw Heinzel war Zugführer. Aber an den StUffz D. kann ich mich garnicht mehr erinnern. Wenns möglich ist könnt ihr mir den Namen ja mal zu kommen lassen. Bin auch heutzutage noch mittwochs in der Kaserne.

  3. Tach, ehemalige Mitinsassen von Diditown 😀

    Diditown, so haben wir Dietersdorf (was ja eigentlich das unweit gelegene Dorf ist, gut zu sehen aus den Westfluren des Blocks) genannt. Ich hab meinen Wehrdienst von 10/1995 bis 09/1996 abgeleistet. Die ersten sechs Wochen in Dietersdorf.

    Eigentlich solltens ja drei Monate sein, aber damalsens hat man gerade die Wehrpflicht von 12 auf 10 Monate verkürzt und deswegen musste es bei uns in der 4./381 etwas schneller gehen, weil wir ja noch Ausbildung in Bad F. auf dem Marder machen mussten.

    Die (St)Uffze damals waren ein stämmiger Unger, ein recht kleiner aber kräftiger Pötzschke (der ist heute noch da, aber mit schwarzer Mütze und rosa Litze, läuft mir gelegentlich übern Weg und möchte meist über die alte Zeit labern) und ein großer dünner Fries mit Hang zum Risiko (Patronenklemmer mit eingedrücktem Projektil trotzdem mit MG3 verschossen. Oder auch ohne Befugnis/Führerschein mit dem Marder durch den Matsch geheizt, Luke hinten sperrangelweit offen). Der Zugführer hieß Beye und ist heute Bürgermeister in Ichstedt. Der hatte das Bedürfnis, Freitag morgens von Dietersdorf nach Bad F. zu Laufen/rennen/joggen.

    Wenn ich mich noch richtig erinnere, hieß der Kompaniechef Koch. Jedenfalls hab ich nach Dietersdorf Richtschützenausbildung auf Marder 1A3 in Bad F. gemacht und sollte in dessen Marder.

    Dann hat der aber beschlossen, das ich aufgrund meiner Koch-Lehre besser in die Truppenküche gehöre. So wurde ich trotz persönlicher Vorsprache beim Hauptmann inkl. Freistellung durch Beye für genau dieses Vorsprechen in Dietersdorfs zum 01.01.1996 in die 1./381 zu Major Winkler versetzt und habe da die restlichen 9 Monate des GWD+2 in der Küche verbracht.

    Im Nachhinein keine schlechte Position, als Frankenhäuser in Bad F. mit geregelter Arbeitszeit von 0500 bis 1400…Und halt zwei 3Wochenaufenthalte in Nochten. Geärgert hats mich, das ich deshalb nicht nach Kanada konnte.

    Wie exakt das damals zuging, zeigen meine ATN für die seinerzeit verbotene „Panzerfaust“ und die Feldküche Kärcher 250. Ich habe weder je eine Panzerfaust gesehen noch in der Hand gehalte oder gar damit geschossen. Habe aber den Ausbildungs- und Tätigkeitsnachweis dafür. Die Feldküche hab ich mal auf ner 5tägigen Abkommandierung nach Fritzlar geputzt und in Nochten einen undichten Brenner wie ne Rakete rausfliegen sehen. Das wars. Darf laut BW-Zeugnis damit kochen.

    Ein paar Namen aus der 1./381 hätt ich noch. HFw Rosenowski als Obermuffti der Küche und HG Pilucha, StUffz Warzchschlagmichtot Warze genannt, HG Kammer, HG Mehler, Pfeiffer mit 3 f, OG Zönnchen (T7er) usw.

  4. War 1990 dort in Dietersdorf zur Grundausbildung,später musste ich und noch ein Kamerad nochmal da hin,da wir in Bad F Scheisse gebaut hatten. Am Wochenende bin ich mal aus Neugier nach Bad F und danach nach Dietersdorf gefahren.Bad F sieht jetzt besser aus wie damals,Dietersdorf ist seit mitte der 90ger keine Kaserne mehr,ein Block wird noch genutzt (Firma)der andere zerfällt langsam in sich..Ich hatte Gänsehaut Habe auch Bilder gemacht,weiß aber nicht wie ich die hier einfügen kann.

  5. Gruss ?

    Ich war 1997 / 98

    Unser Stuffz hieß Beyer glaube. Der war cool.

    Die ersten 6 Wochen war ich auch in D. Dann aber Bad F.

    Liege Gruesse an meine alten Kameraden.

  6. War von ’99 bis ’02 in Bad F. Viele der hier genannten Namen kenne ich noch, hatte aber mit der 4. nie groß zu tun. Wer sich an mich erinnern kann, kann mich gern anschreiben. Würde mich freuen von ein paar Leuten mal wieder zu hören! 🙂
    email@steve-fischer.de MatNachwUffz in der 1./381

  7. War im Oktober 1992 als Ausbilder Uffz in Dietersdorf. Wurde dorthin abkommandiert. Mein Uffz. Kollege hat nach der Abschiedsfeier der Grundausbildung, bei ein Unfall auf dem Nachhauseweg, sein Leben verloren. R.I.P Diegel

  8. Hallo an alle.
    Ich war vom Januar 1998 für 2 MOnate Grundausbildung in Dietersdorf. Uns UA´s hatten sie damals richtig ran genommen.
    Stabsunteroffizier Busse war unser Ausbilder. Jedoch muss ich sagen, dass er zwar knallhart war, aber nie hatte er uns im Stich gelassen. Selbst als ein anderer Stuffz uns im Suff hat vor dem Gebäude Rundumsicherung einnehmen lassen. Das ganze im tiefsten Winter und 30cm Schnee. Hat unser Ausbilder den anderen Heini zusammengestaucht. Wir haben bei Busse wirklich viel gelernt. Als ich die Zeilen von der Aufnahme in Bad F. und der Fahrt über den Kyffhäuser gelesen habe, wurde mir klar, dass es allen so ging. Aber der Zusammenhalt in unserer UA Gruppe war genial.
    Vielleicht kennt noch jemand den Stuffz Busse. Wäre toll, mal wieder Kontakt zu ihm und anderen zu haben.
    Eine Story vergesse ich nicht. Einer unserer Kameraden war Krank auf Stube und wir waren bei -22 Grad im Biwak. In der zweiten Nacht sollten wir uns auf einer Lichtung einfinden und Gleiten 1 und Gleiten 2 rauf und runter üben. Dann hieß es: „natürliche Deckung nutzen“. Diese Deckung war ein zugefrorener Bachlauf. Natürlich konnte das Eis den 13 Soldaten nicht stand halten und wir robbten im kalten Wasser. Zurück im Lager durften wir unseren Schneetarn am glimmenden Feuer aufstellen. Unser Feuer durfte nie eine Flamme schlagen, da dies der Feind von weitem sehen könnte. Am nächsten Morgen durften wir kurz zur Kaserne marschieren und trockene Sachen holen. Die Schneetarnanzüge waren inzwischen tiefgefroren. In der folgenden Nacht haben wir eine Wanderung zu unserer Erdmännchenbahn gemacht. Dort durften wir die gesamte Strecke mit „Marsch Marsch“ – „Marsch“ – „Kriechen“ – „Gleiten 1″ – und “ Gleiten 2″ 7 mal hintereinander überqueren. Wir waren so fertig und haben, als wir als Halbgruppe hinter den Baumstämmen in Deckung lagen, Schnee gefressen um etwas Wasser zu bekommen.
    Als wir dann zur Rekrutenprüfung in Schwarzenborn waren, sahen wir, wie ein Soldat in Unterwäsche von seinem Stuffz um die Baracke gejagt wurde. Aber eben in Gleiten 1 direkt durch den Schnee. Wir hätten bis dahin nie gedacht, dass es noch schlimmer geht.
    Später Sind mein Kamerad Reinl und ich in die 4. 381 nach Bad F. versetzt worden. Hauptfeldwebel Pütz war unser Spieß. Eigentlich ok, aber nur wenn man nach Feierabend mit ihm Alkohol genossen hat. Stuffz Hohlstamm war auch bei uns in der Kompanie. Wer mir noch ein Begriff ist, der spätere Fähnrich Zarmstorf.
    Hier in Bad F. habe ich auch das erste Mal einen SPZ Marder fliegen gesehen. Bedient durch unseren Zugführer Oberfeldwebel Böttcher. Ein echt cooler Typ. Fair und nicht auf einem Machttripp wie manch anderer.

    1. Hallo René, war das vielleicht die 5. 381 in die du gekommen bist? Kann mich im Herbst ’98 an einen UA erinnern der uns lautstark zum Gleiten den Berg hoch motivierte..

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